1998
sozialverträgliches Frühableben
Definition
„sozialverträgliches Frühableben“ wurde gewählt, weil dieser Ausdruck eine zynische Umschreibung für den vorzeitigen Tod von Patienten ist, die 1998 im Kontext der Sparpläne der rot-grünen Bundesregierung geprägt wurde. Der Begriff stammt von Karsten Vilmar, dem damaligen Präsidenten der Bundesärztekammer, der in einem Radiointerview ironisch äußerte, man müsse überlegen, ob ein früheres Sterben sozialverträglich gefördert werden solle, um Kosten zu sparen. Die Formulierung wurde als menschenverachtend kritisiert, da sie den Tod als ökonomisch kalkulierbar darstellt und an die Sprache nationalsozialistischer Krankenmorde erinnert. Die öffentliche Empörung war groß, da die Würde der Patienten verletzt wurde.
Historischer Kontext
1998 plante die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder umfassende Reformen im Sozial- und Gesundheitswesen, um Kosten zu senken. Diese Sparmaßnahmen führten zu hitzigen Debatten über die Qualität medizinischer Versorgung, besonders für ältere Menschen. In diesem Klima prägte Karsten Vilmar den Begriff „sozialverträgliches Frühableben“ als zynische Kritik an den Einsparungen. Die öffentliche Reaktion war heftig, da das Wort als kalte, bürokratische Sprache wahrgenommen wurde, die den Wert menschlichen Lebens rein ökonomisch bewertet.
Beispiel
„Dann müssen die Patienten mit weniger Leistung zufrieden sein, und wir müssen insgesamt überlegen, ob diese Zählebigkeit anhalten kann, oder ob wir das sozialverträgliche Frühableben fördern müssen.“ – Karsten Vilmar, Bundesärztekammer-Präsident, NDR-Interview 1998